Eine tradierte Flüchtlingsroute führt über Absprunghäfen in Ägypten und Libyen und das Mittelmeer nach Süditalien. Hunderttausende, vor allem aus Eritrea, Somalia, Syrien, Ägypten und Pakistan suchen Kriegen und Verfolgung zu entfliehen. Deutschland ist oft das Fluchtziel und die Bundesregierung beweist Mut in ihrer Vorgehensweise, die uns Opfer abverlangen wird. Was sind allerdings diese Opfer in der Relation zur Opferbereitschaft der Migranten, die oft nur ihr Leben über abenteuerliche Fluchtwege nach Europa haben retten können?
Inoffiziellen Schätzungen zufolge starben zwischen 1983 und 2013 etwa 20.000 Flüchtlinge beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren. Die sich ab Ende 2013 dramatisch zuspitzende Situation in Syrien und Nordafrika ließ die die Flüchtlingsströme rasant anschwellen. Mit der Zunahme der Flüchtlingszahlen stiegen die Verluste: im Oktober 2013 kenterten zwei Flüchtlingsboote vor Lampedusa, 400 Menschen ertranken. 2014 sind nach offiziellen Schätzungen rund 3.400 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Die Dunkelziffer liegt naturgemäß deutlich höher.
Berufskriminelle organisieren als Schleuser die Flucht über See. Dafür werden offene Fischer- oder Schlauchboote genutzt, deren Verwendbarkeit bestenfalls im unmittelbaren Küstenvorfeld als sicher erscheinen darf. Für den Hochseeeinsatz sind sie weder gebaut noch ausgerüstet. Bis zum Bersten mit Flüchtlingen beladen, fehlt an Bord dieser Boote meist irgendein Schutz gegen die Elemente. Auf Trinkwasservorräte oder Rettungswesten verzichten die Schleuser gern, um mehr Flüchtlinge an Bord nehmen zu können. Jeder Mensch mehr an Bord steigert den Profit – und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines fatalen Unglücks. In der Kalkulation der Schleuser findet die Überlebenswahrscheinlichkeit der Migranten zynische Berücksichtigung: nur wenn die Boote schnell genug entdeckt und die Menschen gerettet werden, haben sie eine Chance. Andernfalls sterben sie durch Dehydration oder Ertrinken. Kriegs- und Handelsschiffe beteiligten sich in 2014 an 800 Rettungseinsätzen, deren Kosten jeweils zwischen $ 25.000 und $ 150.000 lagen. Dabei darf nicht übersehen werden, mit welch hoher Komplexität ein solcher Einsatzes die Besatzungen eines Frachtschiffs oder einer Fregatte konfrontiert. Die Retter stoßen unmittelbar an physische und psychische Grenzen, wenn sie völlig entkräftete Menschen bergen und versorgen müssen. Besonders, wenn es sich dabei um mehrere 100 handelt, für die auf einem Frachtschiff de facto auch keine Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden sind.
Der stetig wachsende Anstieg der Flüchtlingszahlen überstieg in 2014 die gegebenen Möglichkeiten einer organisierten Rettung. Staatliche Stellen wie etwa die italienische Marine oder die Küstenwache hatten in einer „Mare Nostrum“ genannten Großoperation schwimmende und fliegende Kräfte gebündelt, konnten aber unmöglich alle Flüchtlingstransporte aufgreifen. So zahlreich traten die Schleuser mit ihrer Armada an Booten an, dass selbst der Vatikan zur Rettung aufrief, und dem Treiben verzweifelt Einhalt zu gebieten suchte. In diese höchst prekäre Situation hin entstand 2014 mit der MOAS Migrant Offshore Aid Station deshalb die erste non governmental organization (NGO), die Flüchtlinge vor dem sicheren Tod im Mittelmeer bewahren wollte. In Sliema / Malta von Christopher und Regina Catrambone gegründet, erwarb man eine 40 m-Forschungsyacht, die zu einem privaten Sicherungsfahrzeug umgebaut wurde. Neben Unterbringungsmöglichkeiten für 400 Flüchtlinge sind Kabinen für eine 20-köpfgige Stammbesatzung vorhanden. Die Crew umfasst nautische und technische Praktiker, ausgewiesenen SAR-Spezialisten, Mediziner und Flugzeugführer, die zwei Schiebel S-100 Camcopter bedienen. Die beiden an Bord eingeschifften S-100 sind eine Entwicklung des Wiener Elektrotechnikunternehmens Schiebel Elektronische Geräte. Sie stellen die 2002 bis 2005 vorgenommene Weiterentwicklung der Camcopter-Versionen 3.0 bis 5.1 dar, und werden seit 2006 jährlich in knapp 100 Exemplaren als S-100 produziert.
Verschiedene Befestigungsmöglichkeiten im Außenbereich der leer nur 97 kg wiegenden Camcopter S-100 erlauben eine effektive Nutzlast von 50 kg für Sensoren und Kameras. Wenn die Drohne nicht komplett aufgerüstet wurde, sondern sich mit 25 kg Außenlasten begnügt, kann sie bis zu sechs Stunden in der Luft bleiben. Ihre Höchstgeschwindigkeit beträgt 240 km/h. Sie resultiert aus der als Monocoque ausgelegten Zelle aus Carbon- und Aramidgeweben, die von einem 41 kW starken Austro Engine AE-50R Wankelmotor angetrieben wird. Während andere Drohnen wie herkömmliche Flugzeuge starten und landen können bzw. auf einen Katapultstart angewiesen sind, verfügt die S-100 über einen Rotor mit 340 cm Durchmesser. Der Betrieb profitiert von einem Trägheitsnavigationssystem und einem GPS.
Im Einsatz werden die S-100 am Boden vorprogrammiert, und fliegen dann automatisch ihre Überwachungsflüge durch. Dabei erreichen die je nach Ausstattung bis zu € 4,2 Mio. teuren Camcopter maximal 5.486 m Gipfelhöhe unter ISA-Bedingungen. Während sie unterwegs sind, senden die S-100 Camcopter Kamera- und Sensorergebnisse, ihre Position, Geschwindigkeits- und Betriebsdaten zur Steuerzentrale an Bord der „Phoenix“, wo diese ausgewertet werden können. Zum Ende ihres im Regelfall bis zu 200 km langen Einsatzfluges bei 102 – 120 km/h Reisegeschwindigkeit (Ø) kehren sie autonom zum Schiff zurück, wo sie selbständig landen. Allerdings können die beiden Fluggeräte im Bedarfsfall unmittelbar angesprochen werden. In der manuellen Bedienung sorgen Computer für die Umsetzung der Steuerbefehle, etwa wenn die Piloten ihre S-100 in der Luft stehen lassen, um Flüchtlingsboote mit Film- und Wärmebildkameras zu analysieren. Der klassische Schwebeflug ist rechnergestützt auch bei Windböen oder schlechtem Wetter möglich.
Die Einsatzplanung und –durchführung der MOAS Migrant Offshore Aid Station am Rande der von Behörden abgedeckten Seegebiete setzt eine permanente Abstimmung mit allen Beteiligten voraus. Hier sind vor allem andere Marinen, die italienische Küstenwache und die Handelsschifffahrt vor der nordafrikanischen Küste zu nennen. Im Rettungseinsatz haben sich vor allem die beiden S-100-Drohnen als überlegene Hilfsmittel erwiesen. Die in den USA, auf Malta und in Deutschland als gemeinnützig anerkannte Organisation MOAS konnte in den ersten 60 Seetagen unter Einsatzbedingungen im Herbst 2014 über 3.000 Menschen retten. Im Mai 2015 konnten in zehn Tagen erneut 700 Flüchtling gerettet werden. Zum Vergleich: „Mare Nostrum“ startete in 2013 und konnte bis August 2014 insgesamt 100.979 Migranten bei der Überfahrt über das Mittelmeer retten. Nach Auskunft des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) waren im Vorjahr 42.925 Flüchtlinge in Italien angekommen; in 2012 waren es 13.200.
Wenn auch Sie helfen wollen, empfiehlt sich ein Besuch der Internetseite www.moas.eu, bei der Sie auch online spenden können. Die Organisation ist auf Spenden angewiesen, um ihren Einsatz fortzusetzen.