Da hatten sich kürzlich drei begeisterte Modellflieger zu einer Führung durch das Hubschraubermuseum Bückeburg verabredet. Aus Woldegk, Neubrandenburg, war Ottopeter Flettner als gewiefter Modellflugzeug-Pilot angereist, ein Großneffe des berühmten Hubschrauber-Pioniers Anton Flettner, der vor und während des Zweiten Weltkriegs mehrere Hubschrauber-Typen entwickelte.
Aus der Nähe von Braunschweig war der Modellhubschrauber-Konstrukteur Eckbert Ziemen einschließlich Freundin gekommen, der sich z. Zt auf der Grundlage von Unterlagen aus dem Archiv des Hubschraubermuseums mit der Konstruktion eines ferngesteuerten vorbildgetreu aufgebauten Flettner 282 Kolibri beschäftigt. Und aus dem nahen Bad Eilsen war der Flettner-begeisterte Modellhubschrauber-Konstrukteur und Pilot Dieter Störig (zum »Inventar« des Museums gehörend) als dritter im Bunde dabei. Bei der gemeinsamen Führung durch das Museum gab’s für Ottopeter Flettner einige Überraschungen im Hinblick auf seinen Großonkel Anton Flettner.
Dieser stammte aus einer Flussschiffs-Reeder-Familie, die in Eggersheim am Main ansässig war, und der in seiner Jugend zusammen mit seinen vier Brüdern die Schilfdickichte am Main unsicher machte. Anton Flettner hatte als Erfinder während des Ersten Weltkriegs den Auftrag, den deutschen Flugzeug-Piloten das sehr Kraft-aufwendige Steuern zu erleichtern (die heutige allgegenwärtige Hydraulik-Unterstützung gab’s noch nicht). So entstand seine raffinierte Erfindung des »Flettner-Ruders«, das 1917 zum Patent angemeldet, den Kraftaufwand des Piloten am Steuerknüppel um erstaunliche 95 % reduzierte. Und da nach dem Ersten Weltkrieg der Flugzeugbau in Deutschland durch die Siegermächte untersagt war, nahm sich Anton Flettner nun das Schiffsruder vor, konstruierte auch hier ein kleines Hilfsruder hinein, das als Servo das wesentlich größere Hauptruder in die gewünschte Richtung steuerte und meldete weltweit seine Erfindung als Patent an. Nachdem die sehr skeptisch reagierende seefahrende Fachwelt von dem neuartigen kraftsparenden Flettner-Ruder überzeugt worden war, folgten Firmengründungen in Deutschland und Holland zur Umrüstung von Hochsee- und Flussschiffen.
Der wirtschaftliche Erfolg des Flettner-Ruders in der Schifffahrt ermöglichte Anton Flettner ab 1935 seine Hubschrauber-Entwicklungen in Berlin. Während der Führung durch das Hubschraubermuseum konnte Ottopeter Flettner das Flettner-Ruder seines Großonkels an den Rotorblättern des amerikanischen Hubschraubers Kaman H-43 Huskie aus dem Jahr 1958 bewundern. Heute fliegt ausschließlich der einsitzige Kaman K-MAX als Arbeitspferd der Lüfte mit diesem ineinander kämmenden Flettner-Rotorsystem und der Flettner-Ruder-Blattsteuerung. Zu allem Hubschrauber-Fachsimpeln während des Rundgangs kam hinzu, dass Eckbert Ziemen seine beabsichtigte Modell-Konstruktion des Flettner 282 Kolibri per Laptop in Form von professionellen CAD-Zeichnung ausführlich erläutern konnte. Eine neue Modellbau-Freundschaft mit historischem Hintergrund!
Text: Dieter Störig, Bild: Herbert Busch