Vom 28. Juli bis 5. August 2012 findet auf dem Verkehrslandeplatz in Ballenstedt die erste Europameisterschaft der Klassen F3C und F3N statt. F3C wird dabei ja schon länger international ausgetragen. Bei F3N ist das jedoch anders. In dieser Klasse wird in diesem Jahr die erste internationale Meisterschaft der FAI ausgetragen. Der Austragungsgort Deutschland erstaunt dabei etwas, da wir erst im Jahr 2004 »dran waren«, und die Wettbewerbe eigentlich abwechselnd in allen Teilnehmerländern stattfinden. Einer der Gründe dürfte wohl sein, dass man hier die meiste Erfahrung mit der Klasse F3N hat. Der durchführende Verband DAeC hat F3C-Fachreferent Achim Krüger mit der Organisation des Großereignisses betraut. Hilfreich zur Seite stehen ihm Stefan Wolf und Tobias Schulz. Letzterer war für die EM 2004 in Bitburg verantwortlich und kann so viele Erfahrungen von damals einbringen. Als einer der Gründerväter des F3N-Regelwerks ist er zudem auch auf diesem Sektor extrem kompetent. Mit diesem Team sollte die EM also wieder ein voller Erfolg und eine gute Werbung für unseren Sport werden.
ROTOR: Wie kam es dazu, dass die erste kombinierte EM der Klassen F3C und F3N in Deutschland stattfindet?
Achim Krüger: Bei der FAI lagen keine Bewerbungen für diese EM vor. Da die Klasse F3N aus Deutschland stammt und wir auch seit Jahren Druck machen, dass sie eine offizielle Klasse wird und den EM- bzw. WM-Status bekommt, wurde unser CIAM-Delegierter Gerhard Wöbbeking von den Unterausschussmitgliedern gedrängt, diese doch in Deutschland auszurichten – und das in Kombination von F3C und F3N. Gerhard fragte uns dann, ob wir bereit wären, die Organisation zu übernehmen. Ich erbat mir eine Bedenkzeit und setzte mich mit Stefan Wolf und Tobias Schulz in Verbindung. Beide sagten mir zu, diesen Event gemeinsam zu meistern, und somit haben wir die EM übernommen.
ROTOR: Als Austragungsort habt ihr den Verkehrslandeplatz in Ballenstedt im Osten der Republik gefunden. Erzähl kurz etwas über die Location, die uns Modellfliegern ja eher unbekannt ist.
Achim: Im Jahr 2009 fand hier die WM der Klasse F3D (Pylonrennen) statt, und ich hörte von vielen Seiten, dass dieses Gelände sehr gut geeignet sei. Kurzentschlossen habe ich mich mit unserem Geschäftsführer Michael Thoma ins Auto gesetzt und bin mit ihm nach Ballenstedt gefahren, um mir ein Bild von dem Flugplatz zu machen. Ich kann nur sagen: Besser geht es kaum! Ausreichend Platz für alles! Der eine oder andere wird das Gelände vielleicht kennen. Hier hat vor Jahren schon der Flugtag der Firma 3W stattgefunden. Durch die direkte nähe zu Quedlinburg (ca. 10 km) gibt es ausreichend Hotelbetten und die Verkehrsanbindung ist optimal – von der Autobahn sind es gerade mal etwa zehn Minuten. Also wurden ein paar Fotos gemacht, an Stefan gesendet, und schon waren wir uns einig: Hier soll es sein. Auf den German Heli Masters in Augsburg war dann auch der neue CIAM-Chairman Dag Eckhoff aus Norwegen anwesend, und so konnten wir gemeinsam mit Tobias (der ja die EM in Bitburg organisiert hat) planen. Auch hier waren wir uns einig: Ballenstedt ist sehr gut geeignet.
ROTOR: Aus eigener Erfahrung weiß ich ja, wie viel Arbeit die Organisation eines solchen Events mit sich bringt. Wie ist der Stand der Vorbereitungen?
Achim: Oh, wie recht du damit hast! Der Flugplatz ist gebucht, das erste Bulletin ist veröffentlicht und Punktwerter sowie Jurymitglieder sind eingeladen. Aber es bleibt noch reichlich Arbeit übrig.
ROTOR: Natürlich kostet eine EM auch einiges an Geld. Das kommt sicher auch von Sponsoren?
Achim: Wir hoffen sehr stark darauf. Einige Firmen haben wir schon angesprochen. Diese haben auch schon mündlich ihre Zusage erteilt. Wir möchten die EM gern in einem ähnlichen Rahmen aufziehen wie andere große F3N-Veranstaltungen (GHM) schon ausgetragen werden und die Sponsoren vor Ort präsentieren. So haben die Zuschauer die Möglichkeit, die Informationen über Produkte zu bekommen und gleichzeitig die Produkte in der Anwendung zu sehen. Und das bei den Top-Piloten aus Europa.
ROTOR: Bei der EM 2004 in Bitburg stammten die Helfer größtenteils aus der deutschen Heliszene. Wo rekrutierst Du das Helferteam? Sind schon alle Posten besetzt?
Bild links: Die Sieger der Einzelwertung bei der EM 2010: Europameister wurde Ennio Graber, auf Rang Zwei fand sich Ari Holmstrom wieder und Platz Drei belegte der Europameister von 2008, Bernhard Egger.
Achim: Ja, ich weiß das sehr gut und hoffe auch sehr auf die Hilfe der Piloten (sowohl aus F3C als auch F3N). Es sind auch schon einige Posten belegt, aber wir brauchen noch viele weitere Helfer. Sehr gefreut hat uns schon einmal die Zusage des Quedlinburger Vereins! Auf diesem Weg auch gleich die Aufforderung an alle Interessierten: Meldet Euch bitte bei mir, damit wir planen können! Außerdem benötigen wir im Umfeld von Ballenstedt Trainingsplätze für die Teilnehmer. Daher bitte ich Vereine aus der Umgebung, sich doch bei uns zu melden, wenn sie ihr Gelände dazu zur Verfügung stellen möchten. Meine E-Mail-Adresse: aktm1962@googlemail.com
ROTOR: Mit welchen Teilnehmerzahlen rechnest Du in den beiden Klassen?
Achim: Sehr gute Frage! Leider haben wir in der Klasse F3N überhaupt keinen Anhaltspunkt. Hier fehlen ja noch die Erfahrungswerte. Die Anfrage an die nationalen Verbände war leider auch nicht sehr ergibig. Ich vermute mal, dass in vielen Ländern die F3N-Piloten noch nicht organisiert sind und in den Verbänden auch noch nicht so ernsthaft daran gearbeitet wird. Also von hier aus einmal an ganz Europa: Liebe Piloten der Klasse F3N (Freestyle), meldet Euch bei Euren nationalen Verbänden und drängt darauf, zu diesen Europameisterschaft gemeldet zu werden! Jedes Land hat die Möglichkeit, drei Piloten in der Seniorenklasse (ab 18 Jahre) und einen Junior (bis 17 Jahre) zu senden. Da wir wissen, dass in sehr vielen Ländern 3D geflogen wird, hoffen wir auf ca. 35 bis 40 Teilnehmer. Im F3C rechnen wir auf der Erfahrung heraus mit etwa 50 Teilnehmern.
ROTOR: Wie wird die EM, die ja in zwei Klassen aufgeteilt ist, ablaufen? Was sind die besten Tage für Zuschauer, die sich für das Wettbewerbsfliegen interessieren? Gibt es neben dem Wettbewerb irgendwelche Highlights oder Showblöcke für das Publikum?
Achim: Nun, das ist etwas umfangreicher. Es wird im Prinzip zwei parallel laufende Veranstaltungen geben. Die F3C-EM wird am 30. Juli mit der Modellabnahme, einem Judgestraining sowie dem offiziellen Training für die Piloten starten. Von Montag bis Donnerstag fliegen wir dann je einen Durchgang F3C-P für alle und am Freitag einen sowie am Samstag zwei Runden F3C-F. Am Samstagabend wird das Bankett mit Siegerehrung stattfinden. Am Sonntag ist dann Abreisetag. Also alles wie aus den letzten Jahren bekannt. Für die F3N-Piloten beginnt die EM am 31. Juli mit der Modellabnahme, Judgestraining sowie dem offiziellen Training. Am Mittwoch wird es einen Durchgang Pflicht und einen in der Kür geben. Am Donnerstag folgt je einmal Pflicht und Musikkür. Damit ist dann die Vorrunde abgeschlossen und die besten 15 Piloten fliegen dann am Freitag je einmal Pflicht und Kür sowie am Samstag die Musikkür. Auch hier wird am Samstag das Bankett (gemeinsam mit den F3C-Piloten) stattfinden. Am Sonntag ist dann Abreise. Da in der Klasse F3N nicht so viele Teilnehmer erwartet werden, wollen wir auch hier, wie von den German Heli Masters gewohnt, immer wieder Schauflüge einbauen. Allerdings dürfen bei der EM die Wettbewerbspiloten nicht auch im Showblock fliegen! Es werden also hier auch viele nicht am Wettbewerb teilnehmende Piloten vor Ort sein. Außerdem wollen wir das von den German Heli Masters bewährte Konzept übernehmen und eine möglichst große Zahl von Ausstellern sowie Verkäufern vor Ort präsentieren. Somit ist der gesamte Wettbewerb auch für die Zuschauer interessant. Sicher werden aber die Finals das Highlight!
ROTOR: Die Klasse F3N wird ja 2012 das erste Mal als offizielle EM der FAI ausgetragen. Man hat also keinerlei Erfahrungen damit. Wie sind Deine Erwartungen gerade diesbezüglich?
Bild links: Die Klasse F3N wird in diesem Jahr zum ersten Mal als internationaler Wettbewerb geflogen.
Achim: Nun, ich behaupte nichts Falsches, wenn ich sage, der F3N-Wettbewerb wurde in Deutschland erfunden! Zu Zeiten, als alle auf ein paar namhafte Piloten in der Welt schauten, hatte Bernd Pöting die Idee, einen Wettbewerb für die (damals noch) 3D-Flieger zu veranstalten. Er setzte sich mit dem damaligen Hubschrauber-Fachreferent Tobias Schulz in Verbindung, und dieser arbeitete ein Konzept für das Reglement aus. Als Bernd den Pöting-Cup nicht mehr ausrichtete, kam Albert Fruth ins Spiel. Er wollte eine 3D-Klasse in einem Verband unterbringen. Über den »Umweg« der vorläufigen Klasse F3C-X entstand dann die internationale Klasse F3N. Leider war der Weg in die FAI nicht ganz leicht. Zudem war die Anerkennung im Rest der Welt anfangs auch nicht sehr hoch. So hat es leider sehr lange gedauert, ehe diese Klasse den EM-/WM-Status bekam. Da noch dazu in den meisten Ländern nicht ausreichend Arbeit in dieser Klasse geleistet wurde und es andere Organisatoren gibt, die sehr große Events organisieren, sind derzeit in F3N nur wenige Piloten am Start, was bei der stetig steigenden Zahl von wirklich talentierten 3D-Piloten sehr schade ist. Die EM wird aber auf jeden Fall weiter für all diese Piloten offen gehalten. Setzt Euch mit Euren Nationalen Verbänden auseinander! Diese sollen Euch zu den Meisterschaften melden! Jedes EU-Land hat wie gesagt das Recht, drei Senioren sowie einen Junior zu melden.
ROTOR: In Deutschland wird F3N ja schon seit geraumer Zeit als Deutsche Meisterschaft ausgetragen – genau genommen wurde die Klasse ja mehr oder weniger hier erfunden. Wie sieht das denn überhaupt in den anderen Nationen aus? Ist man dort ebenso gut organisiert?
Achim: Die Österreicher haben F3N entdeckt und sind darauf eingestiegen. Das ist zumindest hilfreich. Leider sind die Teilnehmerzahlen ausgesprochen überschaubar. Frankreich hat eine F3N-Meisterschaft. Die trauen sich nur noch nicht so recht nach draußen, sind aber recht rege und haben viele Teilnehmer (gut zweistellig). Und Dänemark hat dank des Engagements der Jensens schon länger eine F3N-Szene. Da hätte F3N sogar schon früher international zünden müssen, um die zufrieden zu stellen. So sind einige wieder zum 3D Masters zurück gewechselt. Die Engländer fangen gerade erst an…
ROTOR: Du kennst ja die internationale Konkurrenz. Wer sind Deiner Meinung nach die Piloten und Mannschaften mit den besten Chancen auf die Titel?
Achim: Ich habe F3N jetzt seit 2007 beobachtet – sowohl auf den German Heli Masters als auch bei den Munich Heli Masters. Da gibt es viele gute Piloten. Ich hoffe, dass wir diese auch in Ballenstedt sehen werden. Zu den Favoriten gehören hier sicher Eric Weber, Michael Wisbacher, Sebastiano Gabutti oder Marius Müller. In der Mannschaftswertung haben Frankreich, Italien und Deutschland sicher die besten Chacen. In der Klasse F3C sind Ennio Graber, Ari Holmstrom, Uwe Kiesewetter und Dominik Hägele heiße Anwärter auf den Titel. In der Mannschaftswertung würden wir Deutschland, Österreich, die Schweiz oder Dänemark favorisieren. Aber mal sehen, wie’s am Ende wirklich kommt. Gewinnen werden der bzw. die Besten!
ROTOR: Vielen Dank für das Interview und viel Glück bei der Durchführung der EM.
Das Interview führte Markus Fiehn mit Achim Krüger.